Eine neue Welt
2006 entschied sich die katholische Kirchengemeinde Hl. Kreuz in Bonn-Limperich zum Ankauf eines Konglomerats von Teilen einer Orgel, die 1907 vom englischen Orgelbauer James Jepson Binns errichtet, und 1997 von der Londoner Gemeinde in Eigenleistung wieder demontiert wurde.
Über Umwege kamen die Überreste dieses Werkes nach Deutschland.
Fünf Firmen wurden aufgerufen, Konzepte zu erstellen. Nach aufwändiger Substanzaufnahme und vielen Gesprächen mit Gemeinde und dem betreuenden Orgelsachverständigen Eckard Isenberg erhielten wir für unsere Ausarbeitung den Zuschlag.
Unser Vorschlag sah vor, die bestehenden Teilen so weit wie möglich zu übernehmen und zu restaurieren, die fehlenden Teile nach unseren heutigen Neubaustandards neu zu fertigen.
Prämisse war es, so viel wie möglich des historischen Materials wiederzuverwenden.
Dies waren das Pfeifenwerk (in Gänze vorhanden), Bälge, Windladen und Teile der Windanlage und des Gehäuses.
Symbiose aus alt und neu.
Oliver Schulte erarbeitete einen Prospektentwurf, der die historischen neogotischen Gehäuseteile in farblich aufgefrischter Fassung in Kontrast mit flächigen anthrazitfarbenen Elementen setzt.
Auch die Prospektpfeifen erhielten eine Spezialbehandlung: die ursprünglich wenig kunstvoll mit Goldbronze behandelten Pfeifen wurden glasperlbestrahlt und erhielten so ihre markante Struktur.
Um dem Wunsch eines neuen fahrbaren Spieltisches entgegenzukommen, wurde die Traktur elektrisch.
Die Elektrik greift als Ersatz für die „primaries“ an, also der Bälgchen unterhalb der Windlade.
Innerhalb der Windlade sorgt ein kompliziertes Systen sich gegenseitig auslösender Keilbälgchen als Ventilbetätigung für ein erstaunlich repetierfreudiges Spiel.
Ein neues Schwellergehäuse, 60mm stark in Sandwich-Bauweise mit einer Füllung aus Quarzsand sorgt für eine maximale Schalldämmung.
4 groß dimensionierte Faltenbälge sorgen für eine mehr als ausreichende Windversorgung. Als Gebläse arbeitet ein neuer großer Langsamläufer.
Das Pfeifenwerk wurde komplett übernommen und restauriert. Durch unser Konzept konnte die ursprüngliche Disposition noch erweitert werden. Lücken in der Klangkrone konnten geschlossen, zusätzliche Zungen (u.a. eine original historische Binns-Oboe) zugefügt werden.
Dank unserer Kontakte hatte wir auch Einsicht in das originale Werkbuch von J. J. Binns, in dem der Erbauer handschriftlich sein opus 413 dokumentierte.
Startschuss für die neue Firma Schulte
Innerhalb kurzer Zeit wurde unsere englische Orgel in der Fachwelt bekannt.
Dies war der Beginn unserer Spezialisierung auf die englische Orgelwelt.
Schon für das Projekt Limperich wurden wertvolle und freundliche Kontakte zu renommierten Orgelbaukollegen und Organisten geknüpft, die wir über die Jahre ausbauen konnten.
Rückblickend kann die Orgel in Heilig Kreuz (die übrigens auch das erste Projekt von Oliver Schulte als Firmeninhaber darstellt) als vielleicht wichtigstes Werk unserer Firma bezeichnet werden, eröffnete es doch eine völlig neue Welt, die uns im Anschluss noch viele Jahre begleitete und es mehr denn je immer noch macht.
2013 wurde der „Queen am Rhein“ ihre Krone aufgesetzt:
Die Hochdruckzungen-Batterie (Tuba 16′, 8′, 4′) verleiht ihr den ultimativen englischen Klang.
Für die Fertigung des Pfeifenwerks und die Intonation arbeiteten wir eng und mit Freude mit unseren englischen Orgelbaukollegen zusammen Hand in Hand. Der Winddruck liegt bei 400mmWS.
I Great C-c’‘’‘
16′ Double Open Diapason
8’ Open Diapason No 1
8’ Open Diapason No 2
8’ Orchestral Flute
4’ Principal
4’ Harmonic Flute
2’ Fifteenth
Mixture IV
8’ Trumpet
II Choir C-c’‘’‘
8′ Gedackt
8’ Dulciana
8’ Gamba
4′ Harmonic Flute
2 2/3′ Nasard
2′ Piccolo
1 3/5′ Tierce
8′ Clarionet
III Swell C-c’‘’‘
8’ Open Diapason
8’ Lieblich Gedackt
8′ Gamba
8’ Sylvestrina
8’ Sylvestrina celestes
4′ Geigen Principal
2’ Flautina
Mixture III
16′ Contra Oboe
8′ Cornopean
8′ Oboe
Pedal
32′ Harmonic Bass
16′ Open Diapason
16’ Bourdon
8′ Octave
8’ Flute
16’ Trombone
8′ Trumpet
Hochdruckwerk (2013 / Extensionsreihe)
16′ Tuba
8′ Tuba
4′ Tuba